Wie lerne ich fühlen? Eine sechswöchige Forschungsreise.

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1.Woche

Ein ganz herzliches Hallo zum Start der Forschungsreise zum Thema „Wie lerne ich fühlen?“.

Kaum beginne ich, habe ich vor ein paar Tagen noch so eine kleine „Motivation“ bekommen, wozu ich das Fühlen näher betrachten will. Daran „schuld“ war eine kleine, aber feine Auseinandersetzung mit einer Kollegin vor ein paar Tagen. Rückblickend muss ich sagen, dass sich in letzter Zeit etwas in mir emotional angesammelt hatte. Und irgendwann war der Zeitpunkt, dass es raus musste. Aus dem zarten Engel wurde dann der dicke schwarze Teufel;-) Während des Disputs habe ich gemerkt, dass ich nur im Kopf war, es ging mir tatsächlich um „recht haben“, auch wenn ich dies zuerst nicht wahrhaben wollte. Ein paar Stunden später habe ich probiert, die ganze Situation einmal zu „erfühlen“ und ich stellte so manches fest, auch, was eigentlich dahinter steckte. Und genau darum geht es mir jetzt, hier auf dieser Reise. Ich will wissen, was tatsächlich dahinter steckt und darum will ich das Fühlen etwas näher anschauen.

Wissenswertes zum Thema

Was ist überhaupt Fühlen? Nun, die von mir zitierte Autorin Safi N.(siehe unten) springt in ihrem Buch nicht gleich zu einer Definition. In anderen Büchern habe ich dagegen gleich Definitionen gefunden, welche natürlich sehr erleichternd für den Verstand sind. Witzigerweise entfernt man sich aber mit der festgezurrten Definition vom Fühlen, denn es führt zum Denken. Ich will an dieser Stelle nicht gleich zum Gefühl springen und etwas Festumrissenes dazu schreiben. Sondern orientiere mich an der Idee von Safi Nidiaye, erst einmal bei der einfachen Wahrheit zu bleiben, d.h., bei der Aufzählung dessen, was es zu fühlen gibt:

Dazu gehören Gefühle und Emotionen (welche zu unterscheiden sind), dann in diesem Zusammenhang nicht nur unsere, sondern auch die von anderen (was dann „mitfühlen“ ist), körperliche Empfindungen; Beschaffenheit von Materialien, die wir berühren, ihre Rauheit, ihre Weichheit, ihre Temperatur, ihre Ausstrahlung; Das Energiefeld, die Stimmung der Menschen, der Tiere und Pflanzen; die Gegenwart anderer Wesen; Blicke oder Gedanken, die auf uns gerichtet sind; die Ausstrahlung einer Farbe; den Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur, den Wind, den Regen, die Wärme von Sonnenstrahlen, das Wetter und die Kopfschmerzen, die dieses Wetter in uns auslöst. Zudem sagen wir umgangssprachlich sehr oft:“ Ich habe das Gefühl, dass uns das passieren wird.“ also Ereignisse fühlen oder auch sehr beliebet :“ Ich habe so ein Gefühl.“

Bei all diesen Auflistungen des Fühlens merkt man erst, wie sehr das Fühlen in unserem Leben vorhanden ist. Fühlen ist immer unser erstes Erleben, wenn wir mit etwas in Kontakt treten. Bevor unser Bewusstsein die Wahrnehmung registriert, einordnet und reagiert, fühlen wir.

Welche Übungen gibt es diese Woche?

Zwei Übungen habe ich mir herausgesucht für den Anfang. Es geht erst einmal darum überhaupt anzufangen und die Grundvoraussetzungen zu schaffen.

Dazu habe ich mir folgende Übungen herausgesucht:

  1. Übung: Allgemein und immer wieder machbar. Nehme Deinen Atem wahr. Dies ist eine Art Grundübung erst einmal seinen Körper wahrzunehmen. Also, immer mal wieder eine kleine Pause einbauen und dann seinen Atem spüren, Ein und Aus. Diese kleine, doch feine Übung mache ich diese Woche einmal sehr intensiv und schaue, was es bei mir bewirkt.

2. Übung: Da das Fühlen nur mit unserem Körper geht, liegt es nahe, diesen voll miteinzubeziehen. Daher ein wenig Sport, Bewegung tanzen etc. ist wichtig, um ihn gut wahrzunehmen. Mein Programm sieht so aus, dass ich neben meinen Sportkursen, morgens gleich nach dem Aufstehen einen Sonnengruß mache oder mich auch einfach mal ausgiebig strecke und rekele. Oder abends Musik anmachen und einfach zu dieser tanze. Im Grunde alles, um den Körper zu entspannen und ihn wahrzunehmen.

Medienempfehlungen

Damit auch etwas Wissenschaftlichen hineinkommt, eine Art Reiseführer mit seinen Sehenswürdigkeiten nenne ich an dieser Stelle auch Quellen, die ich besonders erwähnenswert finde.

Ein Buch, das mich schon sehr lange begleitet, über 10 Jahre, welches ich aber eine Zeitlang achtlos in die Ecke verbannt habe, ist von Safii Nidiaye, „Wieder fühlen lernen.“ Dieses Buch war auch meine Inspiration für diese Forschungsreise. Die Autorin hat daneben noch viele weitere Bücher geschrieben, alles dreht sich um das Fühlen und was damit möglich ist.

Was ich bemerkt habe

Irgendwie gibt es einen Unterschied zwischen dem Gefühl und dem Fühlen. Mir hat es Klarheit gebracht während des Forschens. Das Gefühl als solches wird oft nur im Innenbereich des Körpers verankert, das Fühlen geht jedoch darüber hinaus, es umfasst auch den Außenbereich, also auch Gegenstände, die ich erfühle oder das Energiefeld, das war mir gar nicht so bewusst. Mein Blick auf das Gefühl war insofern etwas eingeschränkt. Aber dieser erweiterte Blick zeigt mir erst einmal , welche große Rolle das Fühlen in unserem Leben einnimmt. Dabei wirkt das Tätigkeitswort „Fühlen“ irgendwie aussagekräftiger als das „Gefühl“. Das Verb als Nomen ist irgendwie dichter dran, es beinhaltet eine gewisse Unmittelbarkeit zwischen der Person und dem Fühlen. Bei dem Wort Gefühl kommt eine gewisse Distanzierung zwischen der Person und dem Gefühl.

Zitat für diese Woche

Den stärksten Anlass zum Handeln bekommt der Mensch immer durch Gefühle“.

Carl von Clausewitz

2. Woche

Welche Erfahrungen gab es?

Diese Woche ist wohl das Motto „Lautstärke im Außen und Lautstärke im Innen.“ Diese beiden Erfahrungen in Bezug auf Lautstärke habe ich erst am Ende beim Schreiber der Zusammenfassung für Instagram bemerkt. Und dabei gemerkt, welchen Einfluss die Lautstärke auf uns hat. Gerade schaue ich aus dem Fenster und sehe Schneeflocken fallen. Welch schöne Ruhe es bringt.. wie eine warme kuschelige Decke, die sich über uns legt, alles wird stiller, langsamer mit Bedacht.

Nun, weiter zu den Erlebnissen. Zum einen war ich sportiv unterwegs, „jumping fitness“ mit Trampolinen. Was mich dann jedoch erwartet hat, war ein Drill-Direktor wie in einigen Armeespielfilmen. Gut, dass verkrafte ich noch , ABER ….die Lautstärke der Musik!!! Mir ist bewusst, dass es etwas lauter sein kann, denn Musik feuert einen auch an. Doch so ohrenbetäubend im wahrsten Sinne habe ich es bislang noch nie erlebt oder ….ich werde einfach alt:-( Mir wurde jedenfalls körperlich fast schlecht davon und mein gesamtes Körpersystem war auf einmal auf „agro“ eingestellt. Den Körper fühlen, da ging nichts mehr…out of order. So bin ich nach einer halben Stunde gegangen…ich habe es probiert. In der Sauna suchte ich Entspannung. Mein ganzes System war noch aufgewühlt, ja, fast verletzt wirkte es. Es ist schon interessant, was solche Frequenzen mit unserem Körper machen. Die frage, die ich mir nachher stellte, konnte ich überhaupt etwas fühlen oder war die Außenwelt so laut, dass ich gar keinen Zugang mehr zu meiner Innenwelt hatte, zu den „sanften, milden, beruhigenden „Gefühlen des Lebens? Nein, diese Lautstärke unterband all den mitfühlenden teil in mir. Ich war auf Aggressivität gepolt, auf die Außenwelt, irgendwo, wo ich meine Aggression entladen konnte, was sicherlich in manchen Situationen hilfreich sein kann.

3. Woche

Ich beginne mit den Übungen, die in den letzten Wochen auf dem tableau standen. Es handelte sich dabei um tägliche Meditationen, einfach um anzufangen, in sich hinein zu lauschen, dort, wo unsere Gefühle sind. Ehrlich, ich habe es nicht ein einziges Mal gemacht;-) So viel ist mir dazwischengekommen bzw. anders gesagt, ich hab dies nicht auf meine vorderste Prioritätenliste gesetzt. Und soll ich euch was sagen? Es geht mir nicht gut damit. Das kann ich deshalb sagen, da ich diese Meditationen einmal eine Zeit lang jeden Morgen durchgeführt habe. Und es ist doch ein Unterschied, ob man eine Meditation macht oder nicht. Was für ein Unterscheid? Ganz einfach, ohne Meditation war ich irgendwie nicht „zusammen“, so würde ich es beschreiben. Ohne dies hatte ich die Empfindung irgendwie zerfleddert zu sein, die Gedanken sprangen und körperlich fühlte es sich auch so an trotz sportlicher Aktivität. Und letztendlich habe ich dann auch nicht wirklich auf meine Gefühle geachtet, konnte auch schlechter anderen wirklich zuhören. Nun, vielleicht stelle ich diese Unterschiede auf hohem Niveau an, da ich sicherlich kein Holzklotz bin. Als feinfühlige Person registriere ich eben kleinste Dinge und somit auch Unterschiede.

  • Meditation hilft, sich „zusammenhängend“ zu fühlen, damit auch kraftvoller.

Etwas anderes Wesentliches ist mir in der letzten Woche sehr klar und bewusst geworden. Es geht dabei um unsere so genannten negativen Gefühle. Wir Menschen neigen dazu, unsere negativen Gefühle auszudrücken, und zwar bei anderen, indem wir diese anschreien, uns bei anderen zurücknehmen, fies zu werden, kalt wie ein Fisch zu sein. Wenn ich jedoch dieses negative Gefühl zurückhalte und einfach nur beobachte, dann ist es so, dass mir das Gefühl und die zusammenhängende Tat sehr deutlich wird. Und dieses Bemerken genügt auch erst einmal. Dadurch kommt man sich immer besser auf die Schliche. Mein bester kluger Freund ist mir dabei mein größter Lehrmeister. In seiner Nähe dauern negative Dinge zu äußern oder gar herumzunörgeln – unmöglich! Ohne dass er etwas sagt, bemerke ich meine negative Denkschlaufe sofort. Er schafft es durch eine angenehme Präsenz, dass man mit seinem negativen „Herumeiern“ sofort wieder zurückrudert. Das sind für mich die echten Künstler, die „Menschenkünstler“.

Wissenswertes zum Thema Gefühle

Was einfach wichtig ist zu verstehen, dass Fühlen unser inneres Erleben ist. Und diese Unmittelbarkeit findet statt, noch bevor wir unsere Interpretationen einsetzen und mit ihr unsere gefühlsmäßigen Reaktionen. Und dabei sei bemerkt, dass, was wir für unsere reine Sinneswahrnehmung halten, in Wirklichkeit schon Interpretation ist. So z.B. wenn man sagt, das ist ein Auto und das ist eine Autobahn oder die Farbe auf dem Bild ist grün, das ist ein Regenschirm. Wir teilen das, was wir wahrnehmen in Fragmente auf, und benennen diese Fragmente entsprechend dem, was man uns beigebracht hat so z.B. Regenschirm. All das hat nichts mit Wahrnehmung zu tun, sondern ist Interpretation gemäß der kollektiven Übereinkunft. Ich finde das wirklich erstaunlich und wichtig, sich dieses immer mal wieder zu vergegenwärtigen. Ob man es irgendwann tatsächlich „fassen“ kann, wer weiß? Im kreativen-künstlerischen Prozess steht diese unterschiedliche Interpretation im Vordergrund. In unserem Alltagsleben erscheint dies aber noch viel spannender, mal z.B. einen Gegenstand völlig anders zu benutzen. Und so manches Mal kann man sich die Frage stellen, wie sein Leben aussehen würde, wenn man z.B. in den Regenwäldern Südamerikas geboren wäre mit ganz anderen Sitten und Gebräuchen? Wüsste man dort, was ein WC-Spülstein ist?

Welche Übungen gibt es diese Woche?

Zwei Übungen habe ich diese Woche, wobei natürlich immer wieder das Atmen eingeflochten werden kann als auch die Meditation. Ansonsten liegt der Schwerpunkt der beiden Übungen einfach auf dem Bemerken. Auch wenn sich das so leicht anhört, es kann viel bewirken.

Übung: Um dein Gefühlsspektrum etwas zu fokussieren, nehme einfach „nur“ deine negativen Gefühle wahr. Und wenn du diese nach außen ausdrückst, dann nehme dies sehr bewusst wahr, so z.B. was für Worte du verwendest, welche Handlung du tätigst, ob du etwas isst, eine Zigarette rauchst etc.

Übung: Die Interpretationen bemerken: Achte einmal genau darauf, wie du deine Wahrnehmung ständig interpretierst. Einfach nur bemerken, nicht irgendwie abschaffen oder ändern. Es ist ähnlich wie Übung 1, etwas einfach „nur“ bemerken. Hilfreich ist es dabei an neue Orte zu gehen und zu beobachten wie du auf Menschen und Situationen reagierst.

Medienempfehlungen

Wen ich wieder „herausgekramt“ habe, als ich etwas Ruhe hatte, war Eckart Tolle. Schon vor 15 Jahren habe ich sein Buch „Jetzt“ gelesen. Nun habe ich mir seine Youtube Videos angeschaut, die dort reichlich vorhanden sind. Und es ist erstaunlich, wenn man ihm zuhört, tritt bei einem selbst eine wahnsinnige Ruhe ein. Alles ist gut! Wie er das macht, weiß ich nicht, aber es wirkt. Sein einfach „Sein“ strahlt aus. Und der Humor und sein Lachen, die kommen aus einer anderen Welt. Herrlich, ihn anzuschauen und ihm zu lauschen. Also, absolute Medienempfehlung von mir.

Was ich bemerkt habe

In einem einigen Satz ausgedrückt: Dass Kreativität so viel mit unserem eigenen inneren Erleben zu tun hat und das Menschen uns dabei unterstützen können auf eine sehr subtile Art und Weise.

4. Woche

30.01.2023

Irgendwie ist dieses Projekt auch wie ein Gefühl. Mal ist es sehr euphorisch, mal völlig lustlos. Es lässt sich nicht einplanen, was als nächstes kommt. Und vielleicht daher auch der etwas längere Stopp in diesem Projekt.

Nun, die Meditationen sind noch nicht wieder bei mir auf der Tagesordnung und viel Arbeit ist auf dem Tisch. Keine Zeit und Muße für Gefühle. Und DAS wäre eine traurige, aber vielleicht auch ein sehr ehrliches Fazit. Alles kommt zuerst, und dann erst unsere Gefühle. Dabei sind sie der Herrscher über uns.

Deshalb verlängere ich diese Forschungsreise bis Ende Februar 2023. Denn ich möchte wieder meinen Herrscher in mein Haus einladen und ihn so hingebungsvoll bewirten, dass er nach meinen Absichten handelt.

5. Woche

13.2.2023

Nun sind es doch schon wieder zwei Wochen her, seitdem ich zuletzt geschrieben habe. Und was ich merke, dass es gar nicht so einfach ist an dem Thema in Echtzeit dabei zu bleiben. Es passieren so viele Sachen um einen herum, dass an manchen Tagen gar keine Muße für das bewusste Fühlen ist. Auch das Meditieren klappt nicht immer. Das Wichtigste ist eine Routine und die auch ernst zu nehmen. Dennoch habe ich festgestellt, dass das Fühlen UND gleichzeitig das Schreiben bzw. in Form bringen in Echtzeit nicht so gut geklappt hat.

Deshalb habe ich beschlossen, an dieser Stelle die Forschungsreise zu beenden. ABER, das wird noch nicht der Schlussakkord sein. In den nächsten Wochen werde ich das Thema quasi für mich „im Stillen“ erforschen und am Ende werden ich hier eine Art Zusammenfassung schreiben. Das „fühlt“ sich für mich am besten an.

Ich danke allen, die mich begleitet haben und mache mir Gedanken, wie ich dieses Format „Forschungsreise“ noch besser gestalten kann.

Bis dann, eure Sandra

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