Welche zwei kreativen Übungen haben mich am meisten beeindruckt?

Veröffentlicht am Kategorisiert in Kreativität/ Kunst und Psyche

Vor zwei Jahren habe ich meine Ausbildung zur KreativTrainerin bei der apakt abgeschlossen. Ein und ein halbes Jahr lang geforscht, entdeckt und gespielt. Rückblickend sind mir dabei zwei Übungen in besonderer Erinnerung geblieben. Komischerweise gleich die am Anfang. Vielleicht war dort der Lerneffekt zum kreativen Denken, Handeln, Fühlen besonders intensiv zu bemerken, da ich noch den direkten Vergleich zum bisherigen Denken, Handeln und Fühlen hatte. Doch diese zwei Übungen haben mir schon eine solche Aussicht auf das gegeben, was alles noch kommen kann.

In der ersten Übung, welches auch die allererste in der Ausbildung war, ging es um die das Erfassen und Einsetzen unserer Sinne (Geruch, Geschmack, Sehen, Hören, Fühlen). Ein Stück Papier sollte mit allen Sinnen ausgiebig erforscht werden. Es schien zunächst etwas befremdlich an einem Papier zu riechen, es teilweise zu schmecken oder gar zu hören. Doch einmal diese mentale Hürde im Kopf genommen, stellte sich nach einer Weile eine Art Beziehung zu diesem doch recht belanglosen Papier ein. Ich entwickelte ein Gefühl dazu. Und dieses Gefühl ging so weit, dass ich und das Papier auf eine gewisse Art eins wurden, d.h., ich war auch das Papier. Spätestens als wir es „bearbeiten“, also formen sollten zu etwas, begann ich zu bemerken, dass ich es gar nicht knicken wollte bzw. auch gar nicht konnte. Dies aus dem Grund, weil ich ihm nicht weh tun konnte. Denn wenn ich es knickte, so würde ich mir selbst Schmerz antun. So mein Empfinden. Das hört sich rückblickend etwas bizarr an, veränderte aber meine Sicht auf die Dinge. Ich machte schließlich aus dem Papier eine Art Schutzmantel, welche mich ( als kleine Kugel gestaltet) beschützt. Im Grunde beschütze ich mich ich also selbst;-)

Das Papier erkunden, mit allen Sinnen, intensiv.
Nichts Geknicktes, ein „rundes“ Papier, schützend das Innere.

Diese Übung war ein großer Einblick in eine andere Welt. Dabei ging es für mich nicht um Wissen, sondern um tatsächliche eigene Erfahrungen, Erlebnisse, die man nicht willentlich herbeiführen kann, sondern die zu einem kommen, wenn man sich wirklich darauf einlässt, unkontrolliert, überraschend. Und so gingen diese Überraschungen im Laufe der zahlreichen Übungen in der Ausbildung immer weiter. Das Spannende war, sich einfach darauf einzulassen ohne konkret etwas zu erwarten und dann wurde ich mit etwas Großem beschenkt.

Die zweite Übung, die mich beeindruckt hat, war eine an sich simple Malübung, wobei vom Malen im klassischen Sinne gar keine Rede sein kann.

Sie zeigte mir aber, wie sehr ich doch auch einen Perfektionisten in mir trage, der alles „richtig“ machen will und dadurch ein gutes Ergebnis erzielen möchte.

Die Übung bestand darin, ein Selbstporträt zu malen. Ein weißes DIN-A4 Blatt in Höhe deines Kopfes wird dabei an der Wand befestigt. Mit der Hand, welche du ansonsten NICHT im Alltag benutzt, zeichnest du mit einem Bleistift. Mit der anderen Hand erfühlst du deine Konturen, welche du dann aufs Papier bringst. Dabei arbeitest du mit verschlossenen Augen. Soweit so gut, diese Übung. Was ich gemacht habe, dass ich „geschummelt“ habe;-) Ich wollte, dass das Bild tatsächlich Ähnlichkeit mit mir hat (irgendwie dachte ich, dass es darum geht) und da half es zu blinzeln, um zu sehen, wo ich die Striche setze. Danach nahmen wir das Bild ab und malten es aus und die Konturen wurden dicker gemacht mit einem z.B. schwarzen Stift. Der Witz war, dass die Bilder in der Gruppe am aussagekräftigsten (und sicher auch ehrlichsten) waren, die wirklich rein blind vom Gefühl gemalt wurden und etwas schräge aussahen. Dadurch habe ich gelernt, dass tief in uns der wahre Kreative steckt und es nicht nach deinem Verstand nach „gut“ und „schlecht“ geht. Und wieder die Überraschung – wenn du einfach loslässt von deinem Ziel im Kopf.

Nach und nach entwickelte ich ohne ein Ziel mein Selbstporträt – einzig und allein meinem Tastsinn folgend.
Auch die Farbe darf über die Ränder laufen.

Im Laufe dieser Ausbildung habe ich mich durch diese Übungen mehr und mehr verändert. Ich habe diese auf meine Lebensalltag angewendet und dadurch viel erfahren, wo es stockt, welche Mauern ich um mich herum baue und wo ich noch besser in den Fluss kommen kann. Vor allen Dingen habe ich ganz subtil meine Sichtweise der Dinge immer wieder erweitert. Alle Übungen unterstützen einen dabei. Dennoch, diese beiden Übungen bleiben meine erhellendsten. Sie zeigten sehr deutlich den Kontrast zur alten Sichtweise. Sie beinhalten den Zauber des Anfangs. Sie sind für mich wie eine Initiation in eine andere Lebenssicht.

PS: Damit du auch du von meinen Übungserfahrungen profitieren kannst, stelle ich des öfteren eine Übung auf meine Website. Du findest sie bei meinen Blogartikeln unter der Kategorie Übungen.

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