„Die Kreativität kann mich mal!!!“

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Kreativität ist ja schön und gut – keine Frage. Aber was, wenn es einfach zu viel wird? Unser Alltag fühlt sich immer mehr wie ein wilder Strudel an. Jeden Tag eine neue Nachricht, jeden Tag ein neuer Aufreger, jeden Tag Drama, Chaos, Theater. Nichts bleibt, alles verändert sich – und das in einem Tempo, das kaum noch zu greifen ist. Genau so habe ich mich an einem Punkt in meiner Kreativtrainerausbildung gefühlt. Eine Übung jagte die nächste, kaum Zeit zum Luftholen, geschweige denn, um den Musen zu lauschen. Ich war einfach nur genervt. Denn auch mein Alltag ließ mir kaum Spielraum – alles schien an mir zu zerren. Irgendwann dachte ich nur noch: „Die Kreativität kann mich mal!“

Aber wie kommt man da raus? Wie schafft man es, nicht in diesem Strudel unterzugehen? Genau darum geht es in diesem Beitrag.“

Meine Erfahrung

Eigentlich hatte ich Spaß an der Kreativitätsausbildung. Ich tauchte in neue Themen ein, probierte aus, gewann wertvolle Einsichten. Es war spannend, lehrreich und irgendwie auch erfüllend. Und ist das nicht genau das, was wir uns alle wünschen? Etwas Neues zu lernen und dabei glücklich zu sein?

Aber dann kam dieser Zeitpunkt, an dem sich plötzlich alles für mich drehte. Es ist der berühmte letzte Tropfen im Fass, der es zum Überlaufen brachte. Zwei Aufgaben, die für mich dem ganzen Kreativen den Todesstoß gaben. Und das zu einem Zeitpunkt, als mein Kopf mit anderen Dinge so was von beschäftigt war.

Die erste Aufgabe? Ein Kettenbrief-Projekt. Jeder bekam einen Brief, sollte dazu etwas malen oder gestalten, und dann ging es weiter zum Nächsten. Und alles in mir schrie: NEIN! Ich hasste Kettenbriefe schon in der Schule. Wozu das Ganze? Was sollte mir das bringen? Was für ein Unsinn! Also habe ich mich konsequent herausgewunden – ich wollte bei so etwas Sinnlosem einfach nicht mitmachen. War das jetzt das Siegel für mich zu den Unkreativen zu gehören, zu den grauen Eminenzen, zu den Langweilern?

Doch dann kam noch die zweite Aufgabe. Diese Aufgabe, die mir gefühlt endgültig den Rest gab. Sie war eigentlich simpel: Decke einen Tisch für einen Gast deiner Wahl – aber nur mit Gegenständen, die sich nicht in der Küche finden. Mach ein Foto. Und dann? Zerstöre das Ganze und dokumentiere, was dabei in dir vorgeht.

Ernsthaft?! Ich hatte NULL Bock. Einen Tisch mit irgendwelchen absurden Gegenständen decken? Für wen denn überhaupt? Ich war nie ein Fan von irgendwem, ich hatte keine „Idole“, die ich als Gast hätte einladen wollen. Und dann noch absichtlich etwas erschaffen, nur um es danach zu zerstören? Ich hatte die Schnauze so was von voll – im wahrsten Sinne des Wortes. Es war nicht nur diese einzelne Aufgabe, es war die Gesamtheit, das ständige Neue, das ständige sich Einlassen, das immer Wieder-Auseinandersetzen mit irgendwas, immer wieder ausprobieren. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte nicht mehr. „Ich wollte doch einfach nur mal atmen! Meine Ruhe. Meine Routine. Meine Ordnung. Meine sichere Welt. Stattdessen wurde ich von einer Welle kreativer Pflichtübungen überrollt, die mich völlig aus der Balance brachten – mein Kopf war voll, mein Geist blockiert, meine innere Ruhe dahin (hört sich fast o an wie bei Goethe, Fast I „Meine Ruhe ist hin, mein Geist ist schwer, ich find sie nimmermehr,…“). Es fühlte sich an, als würde ich in einem Strudel aus Erwartungen und Reizüberflutung versinken. Mein Körper war irgendwie nicht mehr richtig anwesend, mein Kopf dicht, meine Nerven zum Zerreißen gespannt – ich war den Tränen nahe.“

Der Moment der inneren Macht

Nachdem ich erst trotzig war, innerlich Widerstand leistete und mich schließlich damit abgefunden hatte, einfach nichts zu tun, schloss ich sogar Frieden mit meinem schlechten Gewissen. Ich zog mich zurück in meine graue, verlässliche Welt, in der alles sicher und vertraut war. Doch dann – und ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll – passierte etwas.

Es war dieser Punkt, an dem ich alles akzeptierte. Mein Widerstand war gesehen worden, meine innere Stimme hatte gesprochen, und ich hatte mich damit abgefunden. Und genau in diesem Moment geschah es. Es war keine Neugier, nicht direkt. Es war etwas anderes, etwas viel Kraftvolleres, was in mir hervorkam. Ich spürte meine eigene Macht wieder. Meinen eigenen Raum. Meine eigene Entscheidung. Ich erkannte plötzlich: Ich bestimme, was ich tue – nicht jemand anderes. Niemand schreibt mir vor, was ich zu tun habe oder wie ich es tun soll.

Es fühlte sich an, als hätte ich einen inneren Raum in mir zurückerobert. Die Kreativität bedrängte mich nicht mehr. Sie war da, ich war da – aber diesmal war es meine Entscheidung, was ich mit ihr anstellte. Der Kopf war wieder leicht, und ich fühlte mich plötzlich wieder vollständig, präsent, als mein Körper mit etwas befüllt wurde, was mich stark und prall fühlen ließ . Und genau das machte alles anders. Und vielleicht war es die Kreativität in meinem Inneren, die mich wieder beseelte. Irgendwie gleicht es meinem Erlebnis mit dem „lachenden Meer“. Auch dort bot ich einen gewissen Widerstand, der sich auflöste udn mich befreite aus dem Chaos zuvor. Zu finden auf meinem Instagramprofil. Ich werde dies hier noch einmal als Blogbeitrag in der nächsten Zeit hinzufügen.

Durchführung der Übung

Mit dieser neu gewonnenen Kraft machte ich mich an die Übung. Ich fing an Utensilien für den Tisch zu decken. Plötzlich war ich sehr tief gefühlt der eigene Herr. Ich konnte entscheiden, wie ich diese Aufgabe angehen wollte – niemand anderes konnte mir vorschreiben, was ich tun soll. Und wisst ihr was? Das war der entscheidende Moment für mich. Dieses Gefühl, ganz der Schöpfer meines eigenen Werkes zu sein. Ich war nicht länger der Spielball der äußeren Anforderungen, sondern ich bestimmte, was zu tun war. Und das – das hatte eine ganz andere Dimension.

Es war dieser Moment, als ich den Tisch deckte und plötzlich realisierte: Ich bin der Schöpfer dieses Werkes. Ich entschied, wie der Tisch aussehen würde, mit welchen Gegenständen ich ihn schmückte und auch, ob ich ihn überhaupt erstellen wollte. Niemand anders. Du bist derjenige, der entscheidet. Und dieser Gedanke veränderte alles für mich in der Kreativität. Ich wurde dadurch noch ein Stück freier, unabhängiger und auch diese diffuse Angst, die unterschwellig da war, minderte sich.

Warum diese Übung sonst noch eine der besten für mich war, kannst du in meinem Artikel „Was für Phasen hat der kreative Prozess“ nachlesen.

Zusammenfassung – Was du mitnehmen kannst

Was ich aus dieser Erfahrung mitgenommen habe, ist mehr als nur eine einfache Erkenntnis. Es geht um die Rückeroberung meiner eigenen Macht. Wenn die Kreativität mich überfordert, wenn ich das Gefühl habe, der Strudel aus Anforderungen, Aufgaben und das äußere Umfeld ziehen mich immer weiter – dann erinnere ich mich daran: Ich bin der verantwortliche Schöpfer. Ich entscheide, wie ich mit dem kreativen Chaos umgehe. Niemand anders.

Ich konnte daraus lernen, dass es okay ist, sich Zeit zu nehmen, um Widerstand zu leisten, sich in seine eigene „graue Welt“ zurückzuziehen. Aber genau dann, wenn du dich am meisten überfordert fühlst, du am meisten Widerstand in dir trägst, steckt oft die größte Chance. Der Moment, in dem du dir wieder selbst erlaubst, zu entscheiden, was du tust. Der Moment, in dem du deinen Raum zurückeroberst und spürst, dass du wieder die Kontrolle über das hast, was dich bewegt, was du willst.

Deshalb, lasse dich nicht von dem Außen einengen. Finde deinen eigenen Rhythmus, deinen eigenen kreativen Raum – und wenn du es brauchst, dann lass auch mal Wut und Trotz zu, um wieder klarzukommen. Und vergiss nicht: Der kreative Prozess ist kein Zwang. Es ist ein Prozess, eine Reise.

Vielleicht wirst du feststellen, dass du durch diese Übungen und Herausforderungen nicht nur deine Kreativität wiederfindest, sondern auch deine innere Stärke. Du bist der Schöpfer – in der Kreativität, aber vor allen Dingen auch in deinem Leben.

„Die wahre Quelle der Kreativität liegt nicht im äußeren Chaos, sondern im inneren Frieden.“ (unknown)

Alles Gute , Sandra.

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